Lageplan
Piktogramme
Lageplan Ausschnitt
Isometrie © H2M Architekten
Vogelperspektive © H2M Architekten
Perspektive © H2M Architekten

2. Rundgang
Städtebaulich-freiraumplanerischer
Einladungs-Wettbewerb
mit
H2M Architekten, München
Planungsumgriff: ca. 54 ha
September 2024

LEITIDEE

Das neue Quartier formiert sich um eine zentrale Grünfläche, die durch ein innovatives Naherholungs- und Freizeitangebot Strahlkraft über die Quartiersgrenzen hinaus erlangen soll. In Zusammenspiel mit dem bestehenden Nordquartier als moderner Forschungs- und Gewerbestandort steht das Siemensareal zukünftig auch für einen Stadtteil mit hoher Lebensqualität für Jung und Alt. Die neuen Freiraumstrukturen bilden Synergien zwischen Nord- und Südquartier aus und erzeugen gleichzeitig eine klare Öffnung zum umgebenden Stadtgefüge.

FREIRAUMSTRUKTUR

Als wichtige Anbindung an das bestehende Nordquartier werden die Grünachsen aus dem Masterplan nach Süden fortgesetzt um in den zentralen Quartierspark, dem „Innovationsband“, zu münden. Dadurch entsteht ein zusammenhängender Grüngürtel, der beide Quartiere ringförmig miteinander verbindet. Die Flächen der Grünen Achsen folgen dem Beispiel aus dem Bestand und sind als extensiv nutzbare Blüh- und Bienenwiesen angelegt. Sie fungieren vorwiegend als ökologische Trittsteine für die urbane Fauna und als klimaverbessernde, grüne Lungen. Einzelne Sitz- und Liegebereiche unter Bäumen ermöglichen Ruhepausen vom Alltagstrubel.

Torartig gerahmt von Hotel und Büro- bzw. Ärztehaus entsteht im Westen ein großzügig dimensionierter und urban gestalteter Freiraum. Zusammen mit dem Vorplatz des bestehenden Ausbildungszentrums an der südwestlichen Kreuzung findet hier die städtebauliche Öffnung des neuen Quartiers zum angrenzenden Stadtraum statt. Gestalt und Größe dieser Platzsituation sind so gewählt, dass sie klar von außen als der Haupteingang ins neue Quartier wahrgenommen werden. Der Platz entwickelt sich über die Erdgeschosszonen der gesetzten Baukörper hinweg und knüpft direkt an das Innovationsband an. Erdgeschossnutzungen wie Hotelrestaurant, Bioladen, Backshop, Metzgerei oder Apotheke sorgen dabei für den dazu passenden Grad an Belebung und Urbanität im Alltag.

In gleicher Funktion entsteht auch im Südosten eine kleiner gewählte Platzfläche als Austauschpunkt zwischen Südquartier und den angrenzenden Forschungskomplexen. Ein Wasserspiel, eine Kita, Gastronomie sowie ein Supermarkt bieten hier Versorgungs- und Erholungsangebote in den Pausen oder außerhalb der Arbeitszeiten. Zusätzlich dient der Platz als Treffpunkt und Drehscheibe für die Naturlandschaft der Brucker Lache als bedeutendes, stadtnahes Erholungsgebiet. Der Entwurf schlägt vor, diese Freiraumbeziehung weiter auszubauen und neue Parkwege von der Brucker Lache bis an den südöstlichen Platz zu ziehen. Dazu müssen die vorhandenen oberirdischen Stellplatzanlagen östlich des Parkhauses rückgebaut und z. B. durch Aufstockung dieses ausgeglichen werden. Das so bis ins Quartier reichende Parkwegesystem könnte östlich über Modul 6 weiter in Richtung des geplanten Universitätscampus fortgestrickt werden, um alle Teile des Siemensareals optimal an die Brucker Lache anzubinden.

Ein weiterer Platz ist am Kreuzungspunkt zwischen Quartiersstraße und Innovationsband situiert. Als Shared-Space mit in die Gestaltung integrierter Fahrbahn ausformuliert, dient der Platz als quartiersinterner Verkehrsknotenpunkt mit Haltestelle für den Linienbus aber auch als zentraler Treffpunkt für das dichte Freizeitangebot im Innovationsband.

BESONDERHEIT ADRESSPLÄTZE

Das Prinzip der Öffnung nach außen und der Adressbildung soll sich auch im Aufbau der einzelnen Wohnblöcke widerspiegeln. Dazu erhält jeder Block einen abgesetzten Baukörper als gut wahrnehmbaren Hochpunkt mit Orientierung zum Innovationsband als Quartierszentrum. Rund um diesen Hochpunkt ist eine urbane Freifläche angelegt, die mit besonderen Aufenthaltsmöglichkeiten als nachbarschaftlicher Treffpunkt fungiert. Diese Adressplätze dienen aber auch als Orte für den Austausch zwischen Wohnblocknachbarschaft und der Öffentlichkeit rund herum. Im Erdgeschoss der Hochpunkte werden dazu Gemeinschaftsräume, Gastronomienutzungen wie z. B. eine Eisdiele oder ein Café aber auch Werkstätten und Büros angeboten. Zur Identitätsbildung der einzelnen Wohnblöcke werden die Freiraumelemente, Bodenbeläge individuell und nicht einheitlich gestaltet. Ein prägnanter Charakterbaum ziert die Aufenthaltsflächen im direkten Übergang zwischen Adressplatz und dem eigentlichen Wohnhof.

Als städtebauliche Sonderbausteine erhalten zusätzlich das Pflegeheim und der Wohnblock für das studentische Wohnen einen vorgelagerten Adressplatz.

GRÜNE MITTE FÜR DAS NEUE QUARTIER

Dreh- und Angelpunkt des neuen Quartiers ist die zentrale Parkanlage. Der gesamte, entworfene Städtebau ist darauf ausgerichtet, allen neuen Bewohnern und den Besuchern aus der Umgebung einen optimalen Zugang zu dieser Naherholungslandschaft zu ermöglichen. Sie dient den Menschen als ein Ort der physischen wie geistigen Entfaltung und Regeneration. Die Freiraumgestaltung kann hier dazu beitragen, die Menschen und ihr Lebensumfeld resilienter gegen zukünftige Herausforderungen zu wappnen. So individuell und divers wie seine zukünftigen Bewohner, so soll auch das Nutzungsangebot des Quartiersparks aufgestellt sein. In diesem Sinne kommt der Park mit einer klassischen Gestaltung nicht mehr aus und wird bewusst mit einer Vielzahl von Angeboten aufgeladen.

Der als großes Band im Zentrum des Quartiers liegende Park wird von der Quartiersstraße und von insgesamt vier übergeordneten Querverbindungen zwischen Süd- und Nordspange in einzelne Segmente gegliedert. Diese Untergliederung dient gleichzeitig dazu, unterschiedliche Nutzungs- und Gestaltungsschwerpunkte zu setzen. So soll es ruhige und laute, geschützte und weitläufige, naturnahe und urbane Orte innerhalb des Bandes geben. Während sich die Freiräume der einzelnen Segmente in Eigenschaften wie räumliche Dichte, Grad der Begrünung und der Topografie unterscheiden, sorgen die Formensprache, das Wegesystem und die Baumstruktur für einen gestalterischen Zusammenhang. Den Segmenten werden Schlagwörter wie „Freiheit“ oder „Kreativität“ als inhaltliches Leitthema zugeordnet und mit einer dazu passenden Freiraumtypologie in Verdingung gesetzt. So steht die offene Wiesenlandschaft für den Begriff der „Freiheit“ oder die Landschaft aus künstlich aufgeschütteten Hügeln für „Kreativität“ in der freien Bespielung. Es entsteht ein vielfältiges Freizeit- und Erholungsangebot für jede Altersschicht und jeden Lifestyle – hier schlägt der Puls des neuen Quartiers!

STADTÖKOLOGIE

Der Entwurf verfolgt eine lebedinge Dachlandschaft sowohl für die Bewohner des Quartiers als auch für Flora und Fauna. Sie fungiert als zweite Landschaftsebene und bietet über extensive wie teils auch intensive Dachbegrünungen Lebensräume für Insekten, Vögel und Kleintiere. Es entstehen ökologische Trittsteine über das gesamte Quartier hinweg.

Die Gründächer fungieren darüber hinaus als erste Schicht des Schwammstadtprinzips und können anfallendes Regenwasser zur Verdunstung speichern bzw. gedrosselt an die nächste Entwässerungseinheit abgeben. In den Wohnblöcken und Gebäudehöfen dienen Zisternen zur Nutzung des Dachwassers für die Bewässerung. Starkregenereignisse werden durch regelmäßig zugeordnete Regengärten aufgefangen. Diese einstaubaren Vegetationsflächen haben zusätzlich eine Filterfunktion. Als nächst höhere Entwässerungsebene dient das Band aus Grünzügen und Quartierspark, deren große Wiesen und Freizeitanlagen allesamt um ca. 50 cm tiefer liegen und im Notfall überflutet werden können. Auch der Böschungsbereich der Teichanlage im Park sowie die tiefer liegende Landschaftsbühne können zusätzliches Regenwasser einstauen. Auf den Platzflächen sorgen Baumrigolen für unterirdische Stauvolumina und schützen die Baumpflanzungen gleichzeitig vor Trockenstress.